Ich bekomme es immer wieder mit: Menschen möchen eigentlich nicht sofort die Schublade aufziehen und einen Anderen, eine Situation, Emotion, Erleben… hineinstecken. Denn: es passiert dann schon mal, dass mit dem Hineinstecken in Schubladen, entsprechende Wertungen unbewusst das Sprechen und Handeln beeinflussen. Gedau das ist es, was „man“ doch eigentlich nicht will! Sondern offen, hinhörend, nicht sofort ein Urteil fällend unterwegs sein.
Letztlich kam die Frage auf: gibt es dafür ein Seminar??? Bestimmt 😉 Irgendwo… bei irgendwem… Mir kam als Antwort sofort die achtsame Haltung des Nichtwertens.
Achtsamkeit ist Aufmerksamkeit ohne zu werten. So einfach kann man es auf den Punkt bringen. Allein die Umsetzung… Und ist es nicht oft genug auch wichtig sich ein Urteil zu bilden? Also zu Werten? Etwas zu Bewerten? Ja! Klar, wir kommen ohne diese erste Einordnung nicht zu einer eigenen Meinung. Die spannende Frage bleibt aber: Bilde ich mir eine Meinung oder stecke ich wirklich ausschließlich in die Schublade und bin nicht bereit diese wieder aufzumachen und nocheinmal hineinzuschauen.
Die Haltung des Nichtwertens schafft größere innere Freiheit. Ich erlebe es immer wieder, dass dieses fixe in Schubladenpacken mich enger macht in meinem Denken. Schaffe ich es allerdings mir klar zu machen, dass ich einen Sachverhalt erstmal neutral ansehen kann und es dann immer verschiedene Optionen gibt, macht das mein Denken und Handeln weiter und freier. Und mich zufriedener!
Beispiel: ich ärgere mich über etwas. Und zwar so richtig. Verbunden mit der Emotion Wut oder Ärger geht die innere Schublade blitzartig auf und zack ist der Auslöser (manchmal bis zum Nimmerleinstag) fest verbarrikadiert… in meiner Schublade. Achtsam nehme ich wahr, dass da Wut und Ärger ist (ist ja auch nicht zu übersehen). Ich lasse dieses Gefühl aber ganz bewusst zu und spreche es vielleicht sogar an (ich komme mir dann immer etwas scary vor). Das Ansprechen hilft beim inneren Neutralisieren und Akzeptieren. Hat die Wut dadurch ihren Platz in meiner Wahrnehmung, kann ich anders auf den Auslöser schauen. Und dann geht es nicht darum, mir das Recht auf meine Meinung zum Vorgang zu versagen. Im Gegenteil. Ist zum Beispiel ein anderer Mensch in mein Fühlen involviert, kann ich sein Verhalten anders betrachten. Ich kann dahin kommen, zu sehen, dass der andere mit seinem Verhalten etwas bei mir auslöst, aber nicht unweigerlich ist. Und ich kann mich dann überprüfen, wie diese ganze Geschichte in mein Weltbild passt. Kann ich dem anderen sagen, dass er etwas Negatives ausgelöst hat? Ist das, was der andere gesagt/getan hat, vielleicht gar nicht so wild, triggert in mir aber vielleicht etwas Altes?
Erstmal Atmen – das gehört für mich zur Haltung des Nichtwertens dazu. Dann wahrnehmen, was bei mir ist und dem Wahrgenommenen neutral begegnen, es neutral betrachten und dann schauen… Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich mich seltener wie das HB-Männchen aufführe. Wenn, dann spielt die Komponente Stress mit hinein. Dann fällt mit Nichtwerten schwerer.
„Wie kannst du da so ruhig bleiben?“ – Weil Nichtwerten nicht nur mein Herz-Kreislauf-System schont, sondern mir verhilft, neutraler hinzuhören und hinzuschauen. Nicht sofort loszuschimpfen…
Mehr zum Nichtwerten gibt es in meinem Buch
„Nicht zu ewrten nimmt den Dingen die negativ beeinflussenden Kräfte, hält uns in einem neutralen Feld und ermöglicht klareres Denken. Nichtwerten ermöglicht eine innere Unabhängigkeit, da ich nicht bei meiner ersten Schublade verharren muss. Im Gewahrwerden öffne ich die Schublade unmittelbar wieder und schaue, was eigentlich ist, und nicht wertend schaue ich ein zweites Mal hin. Und eröffne mir selbst einen freien Raum.“ aus A. Bauer „Vielbegabt, Tausendsassa, Multitalent. Achtsame Selbstfürsorge für Scannerpersönlichkeiten.“ Junfermann, 2017. S.75