Heute gibt es ein bisschen Nachdenkliches. Ich bin auf einen Artikel aus dem Jahr 2013 in der Zeitschrift Gehirn und Geist gestoßen. Es geht um Internetbasierte Therapieformen. Ja, genau Therapie, nicht Coaching. Getriggert hat das aber sofort mein Nachdenken über die vielen Online-Kurse, mit denen man gerade förmlich bombadiert wird. Bist du internetafin und auf Plattformen und in Netzwerken unterwegs, merkst du schnell: jeder hat jetzt einen (kostenlosen) Kurs für dich parat, oder zeigt dir, wie du dein Business zum Online-Business machst und (das sind die absoluten Hammerschnäppchen) zeigt dir, (in einem natürlich kostenlosen) (ach ja, auch nur maximal zweistündigen) Online-Workshop, wie du in kürzester Zeit 5stellige Umsätze erzielst – monatlich! Der geneigte Leser spürt vielleicht meine Skepsis, zumindest meinen Humor.
Nun sind auch seit 2013 die Angebote natürlich vielfältiger geworden, das Internet ist WIRKLICH auch eine gute Möglichkeit, Produkte und Dienstleistungen zu platzieren und JA, auch im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung UND der Gesundheit! Und doch war ich gespannt, was der Arktikel über die Anwendbarkeit in Psychotherapien sagen würde. Klar ist, es gibt die einen die sagen „da ist Potential und da gibt es Erfolge“ (so zeigte ein Forscherteam der University of Cambridge 2012, dass bei Angsstörungen und Depressionen leichter und mittlerer Schwere gute Erfolge durch eine Therapie am Telefon zu erzielen seinen) und die anderen die immer wieder die persönliche Beziehung anführen, die natürlich am besten im persönlichen Gespräch, Face to Face, aufgebaut werden kann. Mein Eindruck war, dass hier auch die Vertreter der klassischen Analyse eher sehr distanziert sind und Therapieformen zb aus verhaltenstherapeutischen Richtung eher aufgeschlossen sind. Spannend ist, dass in den Niederlanden und in Großbritanien Fernbehandlungen von der Kasse übernommen werden. Ich persönlich denke, da sollte man am Ball bleiben. Nun aber der Bogen zu meiner Profession: es ist ja gemeinhin bekannt, dass im Therapeutischen die Plätze fehlen. Zu wenige Therapeuten, zu hoher Bedarf = unerträglich lange Wartezeiten, denn wenn man mit der Suche nach einem Therapieplatz beginnt, braucht man JETZT Hilfe… Ganz anders ist die Ausgangssituation im Bereich Coaching. Es gibt Coaches wie Sand am Meer. Manchmal hat man den Eindruck, es seien sogar mehr. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Schulen, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, und ja, auch unterschiedlichsten Coachingangeboten. Nun könnte man ja denken: dieser Bereich braucht auf keinen Fall soetwas wie Online-Coaching oder Telefoncoaching oder Skypecoaching. Aber das Angebot ist da und es ist groß und es wird genutzt! Und ich gestehe: ich selbst coache auch per Telefon und per Mail und per Skype. Die örtliche Unabhängigkeit führt mich mit Klienten zusammen, die nicht von „um die Ecke“ kommen. Und ich muss zugeben: manchmal denke ich in einem Prozess „ach schade, Face – to – Face könnte ich jetzt diese oder jene Methode einbringen“, aber letztendlich ist das eine nicht schlechter oder besser, als das andere. Ich genieße alle meine Coachingsettings und stehe zu diesem vielseitigen Angebot. Und das örtliche Ungebunden sein hat ja auch für mich als Coach seine Vorteile.
In obigem Artikel heißt es: „Die Kölner Therapieforscherin Christiane Eichenberg hat aber auch Vorteile ausgemacht: ´Hochbrisante und prekäre Themen werden im Vergleich zum Face-to-Face-Setting schneller angesprochen beziehungsweise können manchmal überhaupt nur im virtuellen Raum ausgesprochen werden.´“ Ja. Sie kennen es vielleicht auch: man lernt an einem Ort, der nicht dem eigenen Zuhause nah ist jemand kennen und erzählt der wildfremden Person Dinge, die einen im tiefsten Beschäftigen und Bewegen – gerade oder schon seit langem. Ja, die Telefonmuschel oder der Computer zwischen mir und der Klientin erhält ein wenig dieses Gefühl von „hier kann ich mich mal alles raus lassen“. – Es ist auch im Coaching natürlich so, dass die persönliche Beziehung zwischen Coach und KlientIn ein sehr wichtiger Faktor ist, wenn es um Gelingen oder Misslingen eines Prozesses geht. Ist der Coach so gar nicht deine Wellenlänge – es wird nichts werden. Und wenn mir bei einem Klienten die Ohren pfeifen und ich denke „oh lala“ – dann sollte ich a) meine innere Haltung überprüfen und ggf b) den Prozess ablehen. Die Chemie kann IMMER mal nicht stimmen! Und – ich nenne es mal Medienbasiertes Coaching – erhält eben diesen Hauch von Fremdheit…
Ich mag es, die technischen Möglichkeiten zu nutzen. Bin mir dabei ihrer Grenzen bewußt und möchte doch die tollen Prozesse und wunderbaren Klientinnen nicht missen, denen ich auf diese Art „begegnen“ durfte.
Dieses Nachdenken ist also ein Plädoyer FÜR onlinebasiertes Coaching und Telefoncoaching. Denn ein guter Coach ist immer ein guter Coach, egal ob du ihm gegenübersitzt oder ein Medium zwischen euch ist. Aber es wird bei mir keine 5 – 10 oder 21 Tage-Challenge geben, die zeigt, wie du dein eigener Coach wirst. Mit garantiertem Erfolg in – na sagen wir mal: weniger als zwei Sitzungen 😉
Nähere Informationen zu den beschriebenen Coachingformen gibt es im persönlichen Kontakt: mail@annette-bauer.com
Moin Annette,
wie schön, dass noch eine Plädoyers für das Online-Coaching hält! 🙂
Nach über mehr als zehn Jahre Erfahrung mit onlineCoaching teile ich allerdings Deine folgende Aussage nicht:
„Denn ein guter Coach ist immer ein guter Coach, egal ob du ihm gegenübersitzt oder ein Medium zwischen euch ist.“
So brauchts einmal Medienkompetenz, d.h. z.B. keine unverschlüsselte Kommunikation – egal ob sie synchron oder asynchron ist. Schließlich handelt es sich im Coaching um sensible Daten, die man ja auch nicht auf eine Postkarte schreiben würde. 😉
Beim textbasierten, asynchronen onlineCoaching ist Wissen über die Besonderheiten computervermittelter Kommunikation sehr hilfreich sowie eine besondere Lese- und Schreibkompetenz. Nicht jedeR, die Hören und Reden kann kommuniziert hilfreich und so ist es auch beim Lesen und Schreiben.
Mit besten Grüßen
Brigitte Koch
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Hallo Brigitte, danke für dieses guten Kommentar! Ja, da stimme ich dir zu. Es hätte ein Satz mehr gelohnt an dieser Stelle. Vielleicht ist es aber beim „guten Coach“ so, dass er sich dieser Voraussetzungen bewußt ist? Ich glaube, die Kompetenz zum Umgang mit den Medien etc ist die Voraussetzung, dass Coaching auch online gelingen kann. Ich kann nur dazu plädieren, dass der es lässt, dem diese Form grundsätzlich nicht liegt!
Ein schönes Wochenende!
Annette
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